So langsam reicht es uns mit dem Sturm. Ich mag es schon gar nicht mehr groß thematisieren. Aber heute, ja heute reicht es uns endgültig. Wenn schon mal die Sonne scheint, warum dann 4°C und Böen von 80 km/h? Das muss doch nicht sein. Wir konnten heute förmlich ohne Gepäck gleich bis München durchstarten - wären aber wohl als Tiefkühlware angekommen 🥶. Also all unsere Wintersachen anziehen und alles gut verschnüren.
Themenwechsel. Wir hatte von gestern noch etwas offen, ja, der Snæfellsjökull hatte sich gestern nur in Ansätzen gezeigt. Heute zum Frühstück konnten wir zum ersten Mal die großen Gletscherflächen betrachten und das vom warmen Frühstücksraum aus. War doch ein guter Anfang. Auf der Südseite von Snæfellsnes gibt es einige schöne Landschaften, die man ohne lange Wanderwege gut erreichen kann. Und genau damit beginnen wir den Tag.
Erste Station Lóndrangar:
Auf dem südlichen Teil der Halbinsel Snæfellsnes sind zwei Felsformationen, die Lóndrangar zu bestaunen. Es handelt sich um Vulkanschlote, die unter Wasser
erkaltet sind. Der eigentliche Vulkan drum herum ist der Meeresbrandung und der Erosion zum Opfer gefallen. Die Einheimischen nennen den 75 Meter hohen Schlot „christliche Säule“ und den mit 61
Metern etwas kleineren „heidnische Säule“. Beide liegen dicht beieinander und unmittelbar vor den steilen Klippen.
Zahlreiche Seevögel nutzen die beiden Felsen als Brut- und Nistplätze. Nach einer alten Überlieferung kommen Elfen zu den Felsen und verwenden diese als Kirche.
Wenn die Sonne ein märchenhaftes Licht auf die Formationen legt, erscheint es fast, so als ob wirklich kleine Elfen die Schlote anfliegen.
Zweite Station Arnarstapi, ein Ort mit einem besonders markanten Felsen namens Gatklettur, ein natürlicher Steinbogen aus Basalt.
Arnarstapi heißt der „Adlerfelsen“, Der Name dieses malerischen Ortes im Süden von Snæfellsnes geht auf den kegelförmigen Berg Stapafell zurück, auf dem Seeadler ihre Nester bauten. Arnarstapi liegt auf der Südseite des Vulkans Snæfellsjökull und verfügt über eine auffallend erodierte schwarze Steilküste mit Höhlen und Felsentoren. Das Meer hat bei Arnarstapi die Basaltsäulen am Strand umgeformt und unterschiedlichste Buchten und Höhlen gebildet, die unter die Klippen hineinreichen. Einige dieser Höhlen sind oben offen und bei Sturm und hohem Wellengang schäumt es aus diesen herauf.
Und noch ein paar Gedanken zum dem Vulkan, der die schöne Halbinsel prägt:
Der Vulkan Snæfelljökull liegt ganz im Westen der Halbinsel Snæfellsnes. Seine Energie hat seit je Werk und Schaffen großer Künstler und Literaten beflügelt und inspiriert. Er gilt als einer der berühmtesten Berge der Insel. Dies hat er nicht zuletzt dem französischen Autor Jules Verne zu verdanken, der in seinem Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ den Einstieg in die Unterwelt im Krater des Snæfellsjökull anlegt.
Bevor wir die Halbinsel verlassen, schauen wir noch in eine Schlucht, in der Hoffnung, hier eine der wenigen Ecken zu finden, an denen es nicht stürmt. Nach Überwindung der Widerstände beim Bergaufgehen, empfängt uns eine enge Höhle, in die das Licht fällt, in der aber auch ein kleiner rauschender Bach fließt. Nasse Füße wollte ich mir nun aber nicht holen. Schnell wieder ins warme Auto und noch EIN Ziel für heute anpeilen: Wir wollen wissen, welche Farbe der Fluss Hvitá bei den berühmten Wasserfällen Hraunfossar hat. Laut dem kalten Wetter der letzten Tage sollte der Fluss eine klare und damit türkisblaue Farbe aufweisen und nicht wie 2021, bei dem die Hvitá Unmengen an Schlamm transportierte und somit nur ein trüber hellbrauner Wasserfall zu sehen war.
Auf dem Weg dahin wurden wir skeptisch, denn neben Windböen wurde es zunehmend regnerischer. Am Ziel angekommen, haben wir dennoch das Fünkchen Glück und der Regen sucht sich einen anderen Ort zum Erleichtern. Nach dem kleinen Rundgang am Rand der wunderschönen Fälle (siehe nachfolgende Beschreibung) wärmen wir uns in einem kleinen Café auf und fahren frisch gestärkt nach Reykjavik. Wir gelangen in die Rush Hour (gegen 16 Uhr!) und suchen uns mitten in der belebten City unser Hotel. Ein kurzer, kalter und stürmischer Stadtbummel mit Stopp am berühmtesten Hot-Dog-Stand Islands (Bæjarins Beztu Pylsur) beschließt unseren wunderschönen Tag.
Die Wasserfälle Hraunfossar liegen in der Nähe des Ortes Húsafell im Reykholtsdalur. Der Name Hraunfossar bedeutet Lavawasserfälle. Es handelt sich um mehr als 100 einzelne Wasserfälle, die auf einer Strecke von 700 Metern direkt aus dem mehr als 1.000 Jahre alten Lavafeld Hallmundarhraun entspringen und von unterirdischen Wasserläufen gespeist werden. Der vom Gletscher Langjökull gespeiste Fluss Hvitá versickert stromaufwärts zum Teil im Lavafeld und das Wasser fließt unterirdisch auf einer wasserundurchlässigen Schicht weiter. Auf Höhe der Hraunfossar hat die Hvitá die wasserstauende Schicht durchschnitten und das stromaufwärts versickerte Wasser tritt über hunderte kleine Wasserfälle wieder zutage. Das im Lavafeld gefilterte Wasser ist so klar, dass es türkisfarben erscheint.
Unser 3wöchiger Urlaub geht dem Ende entgegen. Es waren erlebnisreiche Wochen in zwei rauen, aber wunderschönen LÄNDERN Europas. Die letzten Worte des heutigen Tages gelten einer lieben Seele, die seit 21 Jahren bei all unseren Reisen in Gedanken mit dabei war und auch zukünftig sein wird. Wir vergessen Dich nicht, liebe Mutti, liebe Oma Beate 🥺 (9. September 2003)